Lichttherapie

Sobald der Winter naht und die Temperaturen sinken, sinkt bei vielen auch die Stimmung. Die dunkle Jahreszeit kann sich deutlich auf unser Gemüt auswirken. Grund ist das fehlende Sonnenlicht, denn die Dauer der Sonneneinstrahlung ist bekanntlich in Herbst und Winter wesentlich kürzer als im Sommer. Die Lichttherapie kann Abhilfe schaffen.

Grau, düster und unfreundlich – die kalte Jahreszeit kann manchen Menschen aufs Gemüt schlagen. Doch unsere Augen können uns dabei helfen, sich auch im Winter gut zu fühlen.

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Auf die langen Nächte des Herbsts und Winters und die vermehrte Dunkelheit reagiert unser Körper mit einer erhöhten Produktion an Melatonin. Dieser Botenstoff im Gehirn steuert den Tag-Nacht-Rhythmus. Allerdings kann dieses sogenannte Schlafhormon in zu grossen Mengen auch zu Depressionen führen. Hält die niedergeschlagene und antriebslose Stimmung länger als zwei Wochen an, sprechen wir umgangssprachlich von einer Herbst-Winter-Depression, im Fachjargon von der saisonal abhängigen Depression (SAD).

Sobald sich der Frühling ankündigt, verschwindet die SAD für gewöhnlich von selbst wieder. Doch weil Müdigkeit und Antriebslosigkeit die Lebensqualität beeinträchtigen, kann es entlastend sein, die SAD zu behandeln, anstatt darauf zu hoffen, dass sich das Problem von selbst löst.

Licht tanken gegen die Herbst-Winter-Depression

Um einer Herbst-Winter-Depression vorzubeugen oder um sie zu heilen, kurbelt man am besten die körpereigene Produktion des Botenstoffs Serotonin an. Dabei helfen tägliche Spaziergänge oder sportliche Betätigung tagsüber im Freien. Denn wer sich ausreichend im Tageslicht aufhält und sich bewegt, aktiviert automatisch die Ausschüttung von Serotonin. Serotonin ist auch als „Glückshormon“ bekannt. Doch inmitten beruflicher Verpflichtungen fehlt leider oft die Zeit für ausreichende Aktivitäten im Freien. Berufstätige sowie Patientinnen und Patienten, denen der Antrieb für körperliche Bewegung im Freien fehlt oder die anderweitig eingeschränkt sind, können von einer Lichtdusche, der Lichttherapie profitieren.

Bei der Lichttherapie handelt es sich um eine nichtpharmakologische antidepressive Therapie, die sowohl bei Menschen mit einer SAD als auch bei sonstigen depressiven Störungen eigesetzt wird. Sie wird täglich morgens angewendet, um ihre optimale Wirkung zu entfalten. Bei dieser Lichtdusche setzt man die Augen einer speziellen Lichtquelle aus. Die Lichtquelle ahmt die Sonneneinstrahlung nach, an der es im Winter oft mangelt. Das Licht sorgt dafür, dass der Körper weniger Melatonin herstellt und dafür mehr Serotonin produziert. Bei der Lichttherapie kommen  spezielle Lichttherapielampen oder Lichtbrillen zum Einsatz. Diese hellen, leistungsstarken Leuchten mit der Farbtemperatur Tageslichtweiss weisen zwischen 2500 bis 10 000 Lux auf – das entspricht dem Licht an einem schönen, sonnigen Tag.

Während der Therapie kann man schreiben, essen, telefonieren, arbeiten – wichtig ist, dass man einmal pro Minute für wenige Sekunden in die Lichtquelle blickt und den Abstand zur Lampe einhält. Die Lichtbrille erlaubt es, sich während der Therapie frei zu bewegen.

Warum verläuft die Lichttherapie über die Augen?

Die Augen steuern unter anderem unsere innere Uhr, den circadianen Rhythmus. Hierfür nehmen sie über die Netzhaut Licht auf und wandeln dieses in Nervenimpulse um, die sie an das Gehirn weiterleiten. Die Gehirnstruktur «Nucleus suprachiasmaticus», wird auch als Taktgeber der inneren Uhr bezeichnet, weil sie unter anderem für die Ausschüttung von Melatonin zuständig ist. Um die Menge dieses Hormons zu drosseln und das Glückshormon Serotonin anzukurbeln, muss man also den Augen Tageslicht gönnen. Der antidepressive Effekt der Lichttherapie wird wie bei natürlichem Licht über das Auge vermittelt. Das Licht ist UV-gefiltert, deshalb unschädlich für das Auge und für die Haut. Die Netzhaut wandelt die Lichtsignale in Nervenimpulse um, welche dann in verschiede Gehirnareale gelangen und sie beeinflussen. Man geht davon aus, dass die Konzentration der Botenstoffe (wie z.B. Serotonin) im Gehirn ansteigt und die Stimmung dadurch positiv beeinflusst wird. Der genaue Wirkmechanismus der Lichttherapie wird immer noch erforscht.

Unerwünschte Wirkungen sind selten und zeigen sich, wenn überhaupt, in Form von Kopfschmerzen, brennenden, gereizten Augen oder Tränenfluss. Bei Augenerkrankungen muss vorgängig ein Kontakt mit dem behandelnden Augenarzt hergestellt werden.

In der Privatklinik Hohenegg wird die Lichttherapie mit Lampe oder Brille mit guten Erfolgen regelmässig verordnet. Dies neben einem breiten Angebot und der expliziten Ermutigung, sich besonders in den Herbst- und Wintermonaten bei Tageslicht in der Natur körperlich zu bewegen.

 

Autor*innen

  • Dr. med. Cäsar Spisla

    Leiter Schwerpunkt Depressive Erkrankungen

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