Was ist eine gute Therapie? Ein Plädoyer für eine ganzheitliche Sichtweise

Psychotherapie ist wie ein Eisberg. Das, was wir als therapeutische Intervention ansehen, macht nur 10% der Behandlungseffekte aus. 90% der Effekte stammen von Faktoren, die nichts mit der spezifischen Behandlungsmethode zu tun haben. Wie das sein kann und wie wir als Psychotherapeutinnen und -therapeuten damit umgehen sollten, erklärt Prof. Dr. Jens Gaab in seinem Vortrag am Hohenegger Symposium.

Prof. Dr. Jens Gaab bei seinem Vortrag am Hohenegger Symposium

Privatklinik Hohenegg

Das Wallis ist ins Herz gemeisselt, Zürich ist gebaut und die Behandlung ist evidenz-basiert. Diese Annahmen vermitteln den Eindruck, dass die Fragen nach den richtigen Ferien, der wohnenswerten (schützenswerten?) Stadt und der guten Behandlung beantwortet sind.

Eine gute Behandlung ist evidenz-basiert, verstanden als alles, was über alle Zweifel erhaben ist. Diese Zweifel bestehen bei genauerer Betrachtung dann in der gerade noch akzeptablen statistischen und persönlichen Unschärfe sowie all dem, was wir unter dem Begriff des Placebo verstehen.

Bei noch genauerer Betrachtung wird aber deutlich, dass wir damit nur den sichtbaren Teil des therapeutischen Eisbergs anwenden (oder akzeptieren) und gleichzeitig auch das Recht der informierten Entscheidung auch eher schlecht als recht umsetzen.

Auf der Basis eines evolutionspsychologischen Verständnisses der Behandlung und unter Einbezug der wissenschaftlichen Evidenz zu Behandlungen, die eigentlich keinen Effekt haben sollten (aber sich daran nicht halten) soll gezeigt werden, dass Zuwendung zur Behandlung wird, wenn sie absichtlich erfolgt und eine Behandlung dann zu einer guten Behandlung wird, wenn sie absichtlich mit Zuwendung erfolgt.

Autor*innen

  • Prof. Dr. phil. Jens Gaab

    Wissenschaftlicher Beirat, Leiter Zentrum für Psychotherapie an der Universität Basel

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