Mit Freude und Überzeug Therapeut sein. Auch im Scheitern.

Der offene Umgang mit Fehlern steht in der Psychotherapieforschung und -ausbildung erst am Anfang. Dabei ist es speziell in psychosozialen Berufen wichtig, den Umgang mit Fehlern zu lernen, da der Selbstanspruch der Berufsanfänger/-innen in diesem Bereich besonders hoch ist. Welche Kenntnisse und Strukturen für eine offene Fehlerkultur nötig sind, erklärt Prof. Dr. Peer Abilgaard in seinem Vortrag am Hohenegger Symposium.

Prof. Dr. med. Peer Abilgaard bei seinem Vortrag am Hohenegger Symposium

Privatklinik Hohenegg

Die Kriterien, nach welchen sich junge Leute nach ihrer Schulzeit für oder gegen einen Beruf entscheiden sind komplex. Fällt die Wahl auf den psychosozialen Bereich, insbesondere auf therapeutische Arbeitsfelder, ist die intrinsische Motivation ein vorrangiger Motivator. Aspekte wie Sinnstiftung, persönliche Begegnung und Menschenliebe werden genannt. Künftige Patientinnen und Patienten der Berufsanfänger:innen profitieren sehr von dieser Grundhaltung.

Allerdings hat ein hoher Selbstanspruch auch Schattenseiten: er macht verletzlich dafür, an den eigenen inneren Ansprüchen zu scheitern. Eine ungünstige Voraussetzung für die Arbeit mit Menschen, bei denen „Scheitern“ nicht selten ein wichtiges Lebensthema ist und auch die psychische Krankheit derentwegen man professionelle Hilfe aufsucht, begleitet.

Ein offener Umgang mit Scheitern steht in der professionellen Welt der Medizin im Allgemeinen und in der Psychiatrie und Psychotherapie im Speziellen erst am Anfang. Fehlermeldungssysteme wie CIRS (Critical Incident Reporting System) und institutionsinterne Fortbildungen zum „Fehler des Monats“ können als Beleg dafür gelten.

In der Ausbildung und in der Forschung ist Scheitern immer noch ein Stiefkind. Was es braucht, sind Kenntnisse und Strukturen, die einen offeneren Umgang mit Scheitern – dem eigenen, der Patientinnen und Patienten, der gesellschaftlichen Kontexte – erlauben. Sich selber und seinen Patienten ein Recht auf Scheitern zuzusprechen, kann auch als Fürsorge und Selbstfürsorge verstanden werden und ist essentiell, die intrinsische Motivation, die Freude und Überzeugung für den Therapeut/innenberuf zu bewahren.

Autor*innen

  • Prof. Dr. med. Peer Abilgaard

    Chefarzt Klinik für Seelische Gesundheit, Evangelische Kliniken Gelsenkirchen

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