Achtsam ist heilsam

In der Privatklinik Hohenegg bieten wir Achtsamkeitsmeditation an. Was ist mit Achtsamkeitsmeditation genau gemeint? Es kann helfen, diesen Begriff auseinander zu nehmen: Achtsamkeit und Meditation. Beginnen wir mit Meditation. Viele Menschen verstehen unter Meditation, dass man auf einem Kissen sitzt (am besten mit überkreuzten Beinen), keine Gedanken hat und glücklich ist. Doch dies ist ein Missverständnis.

In der Achtsamkeitsmeditation üben wir die bewusste Art der Aufmerksamkeit, indem wir uns auf ein bestimmtes Objekt fokussieren wie zum Beispiel Körperempfindungen, den Atem oder Geräusche.

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Meditation ist ein Sammelbegriff, so wie Sport ein Sammelbegriff ist. Wenn uns eine Person erzählt, dass sie Sport treibt, haben wir keine Ahnung, ob diese Person nun joggt, Krafttraining macht, Fussball spielt oder segelt und ob sie damit Kraft, Ausdauer oder Koordination trainiert. So ist es auch mit dem Meditieren. Es gibt viele unterschiedliche Arten von Meditationen: Meditationen, bei denen es darum geht, sich zu entspannen, sich zu versenken oder in andere Bewusstheitszustände zu gelangen. Und es gibt die in der Klinik praktizierte Achtsamkeitsmeditation, bei der es darum geht, präsent und offen zu sein für die Erfahrung des jetzigen Augenblicks.

Achtsamkeit wird unterschiedlich definiert. Eine bekannte Definition ist diejenige von Jon Kabat-Zinn. Er ist Pionier der säkularen Achtsamkeitsbewegung und Begründer von Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR), das Programm der Stressbewältigung durch Achtsamkeit, an dem wir uns auch in der Hohenegg orientieren. Er sagt:

Achtsamkeit ist eine bestimmte Art von aufmerksam sein:

  • bewusst
  • im gegenwärtigen Augenblick
  • ohne zu urteilen

Schauen wir uns diese drei Teile einmal genauer an:

  • Bewusst aufmerksam sein
    Oft wissen wir nicht, wo unsere Aufmerksamkeit zurzeit ist. Wir hängen beispielsweise in Grübelschlaufen fest und verpassen den jetzigen Augenblick. Bewusst aufmerksam zu sein bedeutet, dass wir uns entscheiden, den gegenwärtigen Moment und unser gegenwärtiges Erleben mit allen Facetten wahrzunehmen.
  • Im gegenwärtigen Augenblick
    Mit unserer Aufmerksamkeit sind wir selten im Hier und Jetzt, sondern mehr im Dort und Dann. Wir halten uns in der Vergangenheit auf «wieso hat er nur?», «wieso habe ich nicht?» oder in der Zukunft «wann hört das endlich auf?», «was wird dann sein?». Dadurch bleibt sehr wenig Raum für den jetzigen Moment, in dem das Leben stattfindet. Wir verpassen somit unser kostbares Leben.
  • Ohne zu urteilen
    Wenn wir nicht urteilen, können wir für einen Moment die Dinge so sein lassen, wie sie gerade sind. Wir lösen uns von der Idee, dass etwas anders sein müsste, als es jetzt gerade ist. Wir versuchen, diese Erfahrung anzunehmen, wie immer sie ist – ob angenehm, unangenehm, oder weder angenehm noch unangenehm. Dazu gehört auch, nicht zu urteilen, dass wir jetzt gerade urteilen. Wichtig: Es geht nicht darum, dass wir uns nicht einsetzen für Veränderungen, wenn diese angebracht sind. Doch gerade jetzt, in diesem Moment, ist es so, wie es ist.

In der Achtsamkeitsmeditation üben wir diese bewusste Art der Aufmerksamkeit, indem wir uns auf ein bestimmtes Objekt fokussieren wie zum Beispiel Körperempfindungen, den Atem oder Geräusche. Früher oder später (meistens früher) wird unsere Aufmerksamkeit abschweifen. Sobald wir dies bemerken, können wir uns freuen, dass wir es gemerkt haben, denn das gibt uns die Möglichkeit, von neuem wieder zu unserem Objekt, also ins Hier und Jetzt, zurückzukommen. In dem wir dies immer wieder tun, können wir unsere Aufmerksamkeit trainieren, ähnlich wie ein kleiner Hund, der immer wieder von seinem Platz wegspringt. Wir bringen ihn (den Hund) bzw. sie (die Aufmerksamkeit) immer wieder zurück, freundlich und bestimmt. Gerade diese Freundlichkeit ist sehr entscheidend. Wenn wir uns jedes Mal ärgern, dass wir wieder abgeschweift sind, üben wir regelrecht, uns zu ärgern und uns zu kritisieren – und in dem sind die meisten Menschen schon wahre Profis. In der Achtsamkeitsmeditation hingegen üben wir, uns selbst und unserer Erfahrung freundlich zu begegnen.

Je vertrauter wir mit dieser achtsamen Wahrnehmung in der Meditation werden, umso mehr werden wir sie auch im Alltag praktizieren. Und das ist das Entscheidende. Es geht nicht darum, eine gute Zeit in der Meditation zu verbringen, auch wenn dies ein willkommener Nebeneffekt sein kann. Vor allem geht es darum, in unserem Alltag präsent zu sein. Wahrnehmen, was jetzt wirklich da ist. Die guten Momente nicht zu verpassen. Mit den schwierigen Momenten umgehen zu können. Da zu sein für unser Leben.

Autor*innen

  • Susan Reinert Rupp

    Achtsamkeitsmeditations-Lehrerin, Betriebsökonomin FH

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