«Ich freue mich darauf, die Hohenegg weiterzuentwickeln»

Seit dem 1. Juli ist Prof. Dr. med. Josef Jenewein (52) Ärztlicher Direktor an der Privatklinik Hohenegg. Zuletzt lehrte er als Professor für Medizinische Psychologie, Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Universität Graz und leitete auch die gleichnamige Klinik am Universitätsklinikum. Zuvor war er Chefarzt der Klinik Zugersee und Geschäftsleitungsmitglied der Triaplus AG (Integrierte Psychiatrie Uri, Schwyz und Zug). Er habilitierte an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich und war stellvertretender Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsspital Zürich. In diesem Interview spricht er über seinen Start in der neuen Funktion.

Prof. Dr. med. Josef Jenewein

Privatklinik Hohenegg

Seit dem 1. Juli sind Sie Ärztlicher Direktor an der Privatklinik Hohenegg. Wie sind sie gestartet?

Prof. Dr. Josef Jenewein: Sehr gut. Mein Vorgänger Stefan Büchi hat mich hervorragend in meine neuen Aufgaben eingearbeitet, und von den Mitarbeitenden bin ich überaus freundlich empfangen worden.

Wie erleben Sie die Kultur an der Hohenegg?

Alle Mitarbeitenden, denen ich bis jetzt begegnet bin, sind hoch identifiziert mit der Klinik. Sie sprechen zudem vom Hohenegger Geist, (lacht) den ich bis jetzt nicht gesehen, aber gespürt habe. Man merkt schnell: Hier wird ein ausgeprägter Teamgeist gelebt, der auch ansteckend ist. Die Überschaubarkeit der Klinik ermöglicht eine persönliche, familiäre Atmosphäre. Das spricht mich an.

Was hat Sie bewogen, an die Hohenegg zu wechseln?

Die Hohenegg pflegt ein menschen- und patientenorientiertes Behandlungskonzept, das auch empirisch gut validiert ist und hohen Qualitätsanforderungen genügt. Dieses Konzept überzeugt mich, und ich freue mich darauf, es mit den Mitarbeitenden weiterzuentwickeln.

Welche Schwerpunkte werden Sie bei Ihrer Arbeit setzen?

Mein beruflicher Schwerpunkt liegt in der Psychosomatik. Hier möchte ich Akzente setzen. Somatische Aspekte spielen bekanntermassen bei psychischen Krankheiten eine wichtige Rolle, werden aber aus meiner Erfahrung bisweilen zu wenig berücksichtigt. Wie Patientinnen und Patienten zum Beispiel in einer Depression ihren Körper wahrnehmen, ist relevant und sollte daher in den therapeutischen Prozess einfliessen.

Sie sind in Forschung und Lehre verankert. An welchen Themen arbeiten Sie, und inwiefern sind diese von Bedeutung für Ihr künftiges Wirken an der Hohenegg?

Ich denke hier an zwei Themen: Erstens die erwähnten psychosomatischen Aspekte – die Wahrnehmung und Bedeutung des Körpers bei psychischen Erkrankungen. Zweitens Persönlichkeit und Persönlichkeitsfunktionen. Die Frage, wie sich schädliches Verhalten verändern lässt. Viele Patientinnen und Patienten verhalten sich in ungesunder Weise, obwohl sie wissen, dass ihr Agieren der psychischen und körperlichen Gesundheit abträglich ist. Neuere Ansätze – unabhängig vom Konzept der Persönlichkeitsstörungen – fokussieren auf Persönlichkeitsfunktionen und zielen darauf ab, Verhaltensänderungen zu begünstigen. Im Zentrum steht die Frage, wie Patientinnen und Patienten ihr Verhalten ändern können.

Wie kann man ungesundes Verhalten beeinflussen?

Man erreicht eine Verhaltensänderung sehr gut über Psychotherapie, sofern man die eigenen Persönlichkeitsfaktoren kennt. Der Patient sollte ein differenziertes Bewusstsein über seine Verhaltensweisen erlangen, dank dem er sein Handeln dann langsam anpassen kann.

Die Privatklinik Hohenegg befindet sich in einer Transformationsphase. Ab Januar 2023 ist die Klinik ein Listenspital. Was bedeutet das?

Die wichtigste Veränderung ist, dass die Hohenegg wieder einen Auftrag für die Gesundheitsversorgung für die Bewohnerinnen und Bewohner des Kantons Zürich erhält. Sie wird folglich als öffentlicher Anbieter von stationären psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen wahrgenommen.

Inwiefern beeinflusst dies das bestehende Angebot?

Das wird eine grosse Herausforderung. Wir müssen Konzepte und Behandlungspläne anpassen – immer natürlich unter der Voraussetzung, dass die bisherige Behandlungsqualität nicht darunter leidet. Weitere Herausforderungen sind bauliche Massnahmen für die allgemein versicherten Patientinnen und Patienten sowie viele neue organisatorische Aufgaben. Hinzu kommt die Einstellung von neuem Personal.

Die integrierte Versorgung gewinnt an Bedeutung. Was ist besonders wichtig, damit sie gelingt?

Einerseits müssen in der Behandlungskette die Übergänge von einer stationären beziehungsweise teilstationären Behandlung in ein ambulantes Setting gut vorbereitet sein. Das funktioniert bei uns bereits sehr gut – auch dank dem guten Kontakt zu den ambulanten Behandlern.

Andererseits ist für den Therapieerfolg die Koordination der Behandlungen von psychischen und somatischen Erkrankungen bedeutsam. Sie müssen ineinandergreifen. Das heisst: Ärztinnen und Ärzte, Psychologen und Psychologinnen sowie Therapeuten der verschiedenen Bereiche arbeiten, am besten am gleichen Ort, eng zusammen. Wie erfolgreich eine solche Zusammenarbeit sein kann, sehen wir bei den Kooperationen (Konsiliar- und Liaisonpsychiatrie) mit dem Spital Zollikerberg und dem Spital Männedorf. Mitarbeitende von uns sind in diesen Spitälern präsent und bieten überdies ambulante Sprechstunden an. Einrichtungen wie das Zentrum für psychische Gesundheit am Spital Zollikerberg sind für eine integrierte Behandlung zukunftsweisend.

Autor*innen

  • Prof. Dr. med. Josef Jenewein

    Ärztlicher Direktor

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